Kommentar zum Programm „Wuppertal baut Bildung“ Unverzichtbar und (noch) unbezahlbar

Wuppertal · Sozialdezernentin Annette Berg nennt es eine der größten Herausforderungen der nächsten Jahre: Das Programm „Wuppertal baut Bildung“, mit dem auf die Erkenntnisse des aktuellen Standes der Schulentwicklungsplanung reagiert werden soll. Mit ersten Zahlen dazu muss sich der Schulausschuss nächsten Mittwoch beschäftigen – und die haben es wirklich in sich.

Der Eingangsbereich des ehemaligen Art-Hotels an der Bockmühle, das zur Gesamtschule wird.

Foto: Christoph Petersen

Grob gesagt fehlen Wuppertal demnach bis 2030 alleine im Bereich der Sekundarstufe I je zwei weiterführende Schulen im Westen und Osten der Stadt, um den steigenden Bedarf zu decken. Außerdem müsste Platz für rund 21 Züge an Grundschulen geschaffen werden. Die Sekundarstufe II und die Förderschulen sowie berufsbildenden Schulen sind da noch gar nicht inbegriffen.

Aus Verwaltungssicht sind daher über die bereits in Angriff genommene siebte Gesamtschule an der Bockmühle hinaus eine weitere, dann achte Wuppertaler Gesamtschule im Osten sowie im Westen ein neues Gymnasium plus Gesamtschule Nummer neun erforderlich. Obendrauf kommen die erforderlichen Grundschulen.

Abgesehen davon, dass es auch an den schon existierenden Standorten nicht überall rosig aussieht und Themen wie die Sanierung der Else-Lasker-Schüler-Gesamtschule dauerhaft ungelöst geblieben sind, stellt sich naturgemäß die Frage, wie auf diesen „Katalog“ reagiert werden soll. Denn die Kapazitäten werden unbestreitbar gebraucht, kosten aber ein Vermögen.

Um das mal einzuordnen: Die gerade in der Planungsphase befindliche Gesamtschule an der Bockmühle wird nach aktuellem Stand mit rund 157 Millionen Euro zu Buche schlagen. Eine abenteuerliche Größenordnung, die zwar auch auf die sehr komplizierte Standortsituation zurückzuführen ist, aber deutlich macht, in welche Dimensionen sich Schulbauprojekte entwickelt haben.

Zum Vergleich: Den Umbau des Schulstandortes Kruppstraße zu Gesamtschule Nummer sechs gab es 2019 noch für 36 Millionen Euro – inklusive Grundschule. In diesen Tagen kostet dagegen der Umbau der Dependance der Helene-Stöcker-Schule zu einer neuen Grundschule auf dem Rott alleine 23,4 Millionen Euro.

Da kann man fragen: Wer soll das bezahlen? Oder noch besser: Warum ist das so teuer? Die Antwort auf Letzteres hat Oliver Zier, Geschäftsführer der Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft Wuppertal, schon vor zwei Jahren am Rande der Bilanzpressekonferenz des kommunalen Unternehmens gegeben. Und sie fußt nicht nur auf den in den vergangenen Jahren explosionsartig gestiegenen Baukosten an sich, sondern aus seiner Warte vor allem an Folgendem: „Normen und Regularien haben sich zu massiven Preistreibern entwickelt. Was dafür an Finanzen nötig ist, liegt teilweise um 40 Prozent höher als die eigentlichen Baukosten. Dabei geht es vor allem um Dinge, die man als Bauherr theoretisch auch sein lassen könnte, aber trotzdem machen muss.“

Dieses Problem betrifft nicht nur den Wohnungsbau, bei dem auf dem aktuellen Niveau Erstellungskosten für Neubauten in Städten wie Wuppertal nicht mehr durch die Mieten finanzierbar sind, sondern auch öffentliche Bauvorhaben, die praktisch unbezahlbar werden. Bei denen lassen sich zwar über jetzt auch in Wuppertal in den Fokus rückende Private-Public-Partnership- oder Totalunternehmer-Modelle Auswüchse durch kommunale Management-Pannen eindämmen.

Am grundsätzlichen Dilemma der astronomischen Objekt-Kosten ändert das aber gar nichts, weil auch Dritte die maximal hoch gesteckten gesetzlichen Bau-Normen einhalten müssen. Dass man auch auf dem Level von Mindeststandards bauen könnte, ohne dass Schulen oder andere Objekte beim ersten Windhauch umfallen, ist dabei unumstritten.

Um Abhilfe zu schaffen, muss Berlin aktiv werden. Dort gibt es bekanntlich eine neue Bundesregierung, die sich in Sachen Deregulierung und Bau-Booster viel vorgenommen hat. Da bin ich mal sehr gespannt ... Denn ansonsten dürfte die Schulbau-Kostenermittlung für die Jahre 2026 bis 2035, die demnächst der Politik vorgelegt werden soll, dort für ziemliche Kopfschmerzen sorgen.